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Insektensterben in Baden-Württemberg
In den vergangenen Wochen war in den Medien so Einiges über das dramatische Insektensterben in Deutschland zu lesen. Auch in Baden-Württemberg sind die Rückgänge bei der Artenvielfalt und bei der Anzahl der vorkommenden Schmetterlingen ganz deutlich zu beobachten. Welches Ausmaß das Insektensterben, im Besonderen bei den Schmetterlingen bereits erreicht hat, zeigt der Beitrag mit dem Titel "Immer mehr Fluginsekten verschwinden" vom SWR.
Ich gehe im Folgenden nur auf die Situation der Schmetterlinge ein, auch wenn im Originalfilm noch über andere Insekten berichtet wird. Bei der ersten Bestandsaufnahme, die den Schmetterlingsforscher Dr, Robert Trusch an einem Waldrand in Karlsruhe-Grötzingen während eines Lichtfangs zeigt, wird ein erschreckendes Bild über das Vorkommen heimischer Schmetterlinge präsentiert. Wo an einem warmen Sommerabend mit mehr als 20 Grad auf einem besonders gut geeigneten Biotop üblicherweise mehr als 100 unterschiedliche Arten zu finden sein sollten, konnte der Forscher leider nur knapp 30 verschiedene Arten beobachten. Ein alarmierendes Zeichen, besonders vor dem Hintergrund, dass mehr als 95 Prozent der heimischen Schmetterlingsarten nachtaktiv sind. Und auch die zweite Bestandsaufnahme, zu sehen im letzten Drittel des Films, zeigt bei den tagaktiven Schmetterlingsarten ein ähnlich düsteres Bild. Der Schmetterlingsforscher, unterwegs auf einem ehemaligen Weinberg konnte auch hier nur sehr wenige Arten beobachten, um ein Vielfaches weniger als in früheren Jahren.
Nach Meinung von Dr. Robert Trusch, Schmetterlingskundler und Kurator am Naturkundemuseum Karlsruhe, sind die möglichen Ursachen für die zurückgehenden Zahlen in der Landwirtschaft zu suchen, wo in den letzten Jahren immer raffiniertere Insektizide zum Einsatz kommen. Um zukünftig einen regelmäßigen und konkreten Überblick über die Bestände der Insekten und Pflanzen und um zuverlässige Daten zum Insektensterben zu bekommen, fordert er in Deutschland ein Biodiversitäts-Monitoring, ähnlich wie es das schon seit 15 Jahren in der Schweiz gibt.
Auch andere Insektenforscher schlagen Alarm, denn die Zahl der bestäubenden Insekten geht dramatisch zurück mit weitreichenden Folgen für Mensch und Natur. Der nachfolgende Videobeitrag zum Thema "Immer mehr Fluginsekten verschwinden" wurde in der Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg" am 21.07.2016 um 20:15 Uhr ausgestrahlt. (Quelle: SWR)
Berichte zum "Schmetterlingssterben" auf anderen Websites
- BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein:
Schmetterlingssterben / Insektensterben / Bienensterben: Gift, Neonicotinoide, Dünger, Monokulturen
- NABU Berlin:
Weniger Bienen, Fliegen, Schmetterlinge - Dramatischer Rückgang der Fluginsekten
Berichte zu Schmetterlingsmonitoring-Programmen auf dieSchmetterlinge.com
Vorankündigung: Wandkalender "Nachtfalter 2017"
In wenigen Tagen erscheint einer unserer diesjährigen neuen Wandkalender Nachtfalter 2017.
In diesem Kalender, einem Gemeinschaftsprojekt der Entomologischen Arbeitsgemeinschaft im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe e. V. und des Colouria-Verlags stellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft in ihren Fotografien einige besondere und dekorative Exemplare der verschiedensten Nachtfalter-Arten vor. Weitere Informationen folgen nach Erscheinen des Kalenders.
Der Wandkalender Nachtfalter 2017 ist ab sofort über den Colouria Verlag vorbestellbar.
Transekt Begehung in der Nordeifel, Raum Blankenheim, Seidenbachtal
Unser Fotograf Andreas Kolossa ist begeisterter Schmetterlingsfan, Schmetterlingskenner, Makrofotograf und auch Transektzähler für das Tagfalter-Monitoring in Leipzig. In seinem Gastbeitrag nimmt er die Leserinnen und Leser von dieSchmetterlinge.com mit auf eine Begehung seines Transekts. Was es damit auf sich hat und die Ergebnisse seiner Begehung vom 9. Mai 2016 hat er in einem Bericht niedergeschrieben und mit einigen dekorativen Fotoaufnahmen von Schmetterlingen, die er dort beobachten konnte, untermalt.
Wir danken Andreas ganz herzlich dafür, dass er diesen Bericht hier zur Veröffentlichung zur Verfügung stellt.
Was ist ein Transekt?
Im Falle der Erhebung von Schmetterlingsvorkommen, davon ist hier die Rede, ist ein Transekt eine Wegstrecke, die aus mehreren Abschnitten von je 50 m Länge besteht. Die Gesamtlänge liegt zwischen 500 m und 1,5 km.
Beim Abschreiten des Transekts wird bis etwa 2,5 m rechts und links des Weges sowie 5 m davor und darüber die Zahl der gesichteten Schmetterlinge registriert. Dieser gedachte "Kartier-Korridor" von 5 x 5 x 5 m ist einzuhalten, damit die Daten mit denen anderer Transekte verglichen werden können. Um ein gesichertes Ergebnis zu erzielen, nimmt man sich für 50 m ca. 5 Minuten Zeit. (Unterbrechungen sind hierbei nicht mitgerechnet.)
Gezählt wird in den Monaten von April bis September einmal pro Woche zwischen 10 und 17 Uhr. Bei Temperaturen unter 13 °C bzw. bei stärkerer Bewölkung (40-80 %) unter 17 °C wird keine Zählung vorgenommen. Die Windstärke darf maximal 4 betragen. Auch Begehungen, bei denen das Wetter geeignet ist, aber kein Faltervorkommen zu verzeichnen ist, werden notiert (Nullbegehung!).
Seit wann bearbeite ich diesen Transekt?
Im Jahr 2015 habe den Transekt im Seidenbachtal, Raum Blankenheim in der Nordeifel angemeldet und begehe ihn regelmäßig.
Was hat mich dazu bewogen einen Transekt zu bearbeiten?
Nun, es ist offensichtlich, dass unsere Tagfalter Hilfe brauchen. Durch die Aufnahme der Daten kann man Rückschlüsse ziehen auf dass Verhalten der einzelnen Arten, auf die Anzahl der Individuen, auf mögliche Verluste von Habitaten, auf die Abwanderung in neue Habitate usw.
Die Daten aller Transekte werden im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig ausgewertet. Sie helfen, geeignete Maßnahmen für unsere Schmetterlinge und den Naturschutz zu ergreifen.
Auf meiner Transekt Begehung am 9. Mai 2016 konnte ich folgende Arten aufnehmen:
Den Grünader-Weißling (Pieris napi), den Kleinen Würfel Dickkopffalter (Pyrgus malvae), den Grünen Zipfelfalter (Callophrys rubi) und den Aurorafalter (Anthocharis cardamines).
Bis zu diesem Zeitpunkt kann ich sagen, dass es für unsere Tagfalter 2016 ein schwieriges Frühjahr ist. So wenig Falter habe ich um diese Jahreszeit schon lange nicht mehr gesehen.
Tagfalter-Monitoring, eine Wegstrecke zwischen 500 m und 1,5 km Ihrer Wahl, auf dem Sie unsere heimischen Schmetterlinge zählen möchten. Dies ist ein lohnenswerter Beitrag zum Erhalt der hiesigen Schmetterlingsvielfalt. Jeder, der sich für unsere Schmetterlinge interessiert, ist aufgerufen mitzumachen und einen Transekt zu übernehmen. Transektzähler werden gesucht und sind herzlich willkommen. Benennen Sie dem UFZ, genauer gesagt dem
Autor: Andreas Kolossa
Fotografien: Andreas Kolossa
Alle Fotos wurden mit der Canon 5D Mark III, Canon Makro 100 mm/2.8 USM IS, Stativ, Funkauslöser aufgenommen.
Projekttagebuch: BUND-Aktion "Werden Sie Schmetterlingsretter/In - lassen Sie ihren Garten erblühen!"
Am 11. April 2016 forderte der BUND Deutschland zur Teilnahme an der Schmetterlingsretteraktion auf. Warum geht es bei dieser Aktion? Um der allgemeinen Bedrohung der Schmetterlinge (Lepidoptera) entgegenzuwirken, sollen Schmetterlingsfans im Garten, auf dem Balkon, auf der Terrasse oder auf der Fensterbank Schmetterlingsoasen schaffen. Über die Homepage konnte man das "Schmetterlingsretter-Paket" mit Samen für Schmetterlingsblumen und Informationsmaterial bestellen und kostenlos liefern lassen.
Als Schmetterlingsfan und vor dem Hintergrund der schwierigen Situation der Schmetterlinge (Lepidoptera) war ich von dieser Idee begeistert und beschloss, mich an dieser Aktion zu beteiligen und das "Schmetterlingsretter-Paket" zu bestellen. Als ich in der Kommentaren zur Ankündigung des BUND auf facebook zusätzlich von Schwierigkeiten anderer Schmetterlingsfreunde las, Schmetterlingspflanzen insbesondere Brennesseln auf dem Balkon zu ziehen und Schmetterlinge anzulocken, war für mich klar, dies in einem Selbstversuch zu testen und mit dem "Schmetterlingsretter-Paket" Schmetterlingspflanzen auf dem Balkon zu pflanzen. Über diesen Versuch werde ich in den kommenden Wochen hier auf dieSchmetterlinge.com in einem Projekttagebuch mit Fotos und begleitenden Informationen berichten. Ich bin gespannt, ob mir dieses Experiment gelingen wird und ich im Laufe des Sommers einige Schmetterlinge auf dem Balkon anlocken kann.
Start des Projekts und des Projekttagebuchs am 20. Mai 2016:
Mit einiger Verspätung ist heute das "Schmetterlingsretter-Paket" vom BUND per Post bei dieSchmetterlinge.com eingetroffen. Im Umschlag enthalten waren ein Anschreiben mit einigen Erläuterungen, ein Spendenformular, eine Broschüre "Schmetterlinge schützen" mit Informationen zu den Schmetterlingen und was man zu ihrem Schutz unternehmen kann, ein Päckchen mit Blütensamen mit Kurzanleitung zum Einpflanzen und ein Flyer "Schmetterlinge beobachten" mit farbigen Abbildungen von 25 heimischen Faltern. In den kommenden Tagen werde ich die passenden Gefäße vorbereiten und entsprechend der Kurzanleitung auf der Samentüte mit der Aussaat der Samen beginnen. Das Abenteuer "Schmetterlingsretter" beginnt!
Neue Checkliste der Bayerischen Schmetterlinge dokumentiert Rückgang der Artenvielfalt
Freud und Leid liegen bekanntlich nah beieinander.
So auch im Fall der neuen Checkliste sämtlicher bekannter Bayerischen Schmetterlingsarten (Lepidoptera), die vom Schmetterlingsforscher und wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Andreas Segerer und vom Schmetterlingskundler und freien Mitarbeiter Alfred Haslberger der Sektion Lepidoptera der Zoologischen Staatssammlung München am 12. März 2016 im Rahmen des 54. Bayerischen Entomologentags erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Diese zur großen Freude der Zoologischen Staatssammlung München von den beiden Forschern in mehr als zweijähriger recherchierter und erstellter Arbeit und nach eigenen Angaben als Jahrhundertwerk bezeichnete Checkliste, ist das wohl umfassendste Werk dieser Art und beinhaltet mehr als 250 Jahre Schmetterlingsbeobachtung in Bayern. Annähernd 400.00 elektronische Datensätze und eine Vielzahl zusätzlicher bisher noch nicht digitalisierter Quellen liegen der Checkliste zugrunde, die taxonomisch auf dem neuesten Stand ist und erstmalig die räumliche und zeitliche Verbreitung der in Bayern vorkommenden Arten zeigt. Für Bayern wurden insgesamt 3.243 Schmetterlingsarten nachgewiesen, darunter auch annähernd 100 im Vergleich zu früheren Auswertungen neue Arten wie z. B. drei Arten aus der Familie der Miniersackträger (Coleophoridae). Doch ohne das Projekt "Barcoding Fauna Bavarica" (BFB) der Zoologischen Sammlung München, das die vollständige genetische Erfassung der Bayerischen Tierwelt zum Ziel hat, wäre die Entwicklung solch einer Checkliste nicht möglich gewesen.
Zum Leidwesen zeigt diese neue Checkliste der Schmetterlingsarten aber auch die besorgniserregende Entwicklung der Artenzahlen der Schmetterlinge in Bayern. 13 Prozent Artenverluste und eine bedeutende Abnahme von Populationsstärken vieler noch vorhandener Arten, sogar bei bisher häufig nachgewiesenen Falterarten, dokumentiert die Checkliste. Als Ursache dieser Entwicklung und damit für den Rückgang der Arten-Vielfalt verantwortlichen Faktoren sehen die beiden Wissenschaftler den Einsatz von Düngern und Pestiziden bei der Landwirtschaft und die Fragmentierung und Umgestaltung bestehender Landschaftsräume. Nach Ansicht von Andreas Segerer, wird der Verlust an der Biodiversität der Schmetterlinge weitergehen, wenn die dafür verantwortlichen Faktoren nicht geändert werden.
Die Checkliste der Schmetterlinge Bayerns ist als Supplement der Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft Band 106 erschienen und kann bei der Münchner Entomologischen Gesellschaft e. V. (Nichtmitglieder gegen einen Unkostenbeitrag von 20,00 EUR inkl. Versand) bezogen werden.
Quellen:
- Pressemitteilung der Staatlichen naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns "DNA Barcoding an der Zoologischen Staatssammlung München"
- Website der Münchner Entomologischen Gesellschaft e. V.