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Projekt "Viel-Falter" - ein spannendes Schmetterlingsbeobachtungs-Programm in Österreich
Hin und wieder zeige ich hier auf dieSchmetterlinge.com Projekte aus verschiedenen Ländern ausführlicher, die Schmetterlinge zum Inhalt haben und mir aufgefallen sind. Ein interessantes und nachahmenswertes Projekt in Österreich, auf das ich vor einiger Zeit aufmerksam wurde, möchte ich nun vorstellen.
Bürgerinnen und Bürger in wissenschaftliche Projekte z.B. bei Monitoring-Programmen von Schmetterlingen (Lepidoptera) einzubeziehen, ist derzeit populär. Doch ein Projekt dieser Art mit Schülerinnen und Schülern verschiedener Lehranstalten durchzuführen, ist nicht gerade alltäglich und auch nicht so ganz einfach zu realisieren. Sieht man von den Kosten, für die Gelder aufgebracht werden müssen einmal ab, bleibt viel Koordinations- und Verwaltungsaufwand, den es zu stemmen gilt. Und doch ist es möglich, solch ein gemeinschaftliches Schmetterlings-Monitoring-Projekt umzusetzen, wie das Beispiel Viel-Falter in Österreich zeigt. Das für drei Jahre angelegte Projekt eines von Wissenschaft und Schulen getragenen Tagfalter-Monitorings in Tirol hatte seinen Anfang Ende 2012 und wird bis Ende 2015 weitergeführt. Die Leitung von Viel-Falter liegt beim Institut für Ökologie der Universität Innsbruck und wird in Kooperation mit dem Institut für Fachdidaktik der Universität Innsbruck, den Tiroler Landesmuseen, dem Institut für Alpine Umwelt der EURAC Bozen, dem Verein natopia und mit 15 Partnerschulen durchgeführt. Finanziell unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Österreich im Rahmen von Sparkling Science. Grundlage für die Einführung solch eines Tagfalter-Beobachtungsprogramms (Monitoring) sind der Gedanke und der Wille einen bedeutenden Beitrag zu einem „dauerhaften und finanzierbaren Biodiversitäts-Monitoring in Österreich“ einzubringen und dabei gleichzeitig Unterstützung für das Bewusstsein für die Bedeutung der biologischen Vielfalt und für den damit einhergehenden Erhalt der erforderlichen Lebensräume zu bieten. Dieser Leitgedanke ist sicherlich ehrgeizig, vor allem vor dem Hintergrund, dass ein flächendeckendes Biodiversitäts-Monitoring dieser Art in Österreich mangels Finanzierbarkeit bisher nicht realisiert werden konnte. Auch eine anwendbare Monitoring-Methode ist bisher nicht gefunden. So soll nun das Projekt Viel-Falter als Test verstanden werden, ob von Nichtwissenschaftlern gesammelte Daten für ein dauerhaftes Tagfalter-Monitoring verwendet werden können.
Die Fachleute bei Viel-Falter sehen in den von Schülern aus verschiedenen Schulklassen durchführbaren Beobachtungen und Untersuchungen von deutlich erkennbaren Schmetterlingsarten und Schmetterlings-gruppen gute Möglichkeiten, Erkenntnisse über Vorkommen und Qualität von Schmetterlingshabitaten (Lebensräume von Schmetterlingen) zu gewinnen. Um diese Annahmen mit Fakten zu belegen, sind mehr als 500 Schülerinnen und Schüler aus 14 Tiroler Schulen und einer Südtiroler Schule in das Projekt Viel-Falter eingebunden. Die SchülerInnen und Experten untersuchen parallel laufend 40 repräsentative Tiroler Gebiete mit einer im Projekt selbst entwickelten Methode nach häufig vorkommenden und erkennbaren Tagfalter-Arten. Die so gewonnenen Daten sollen ermöglichen, dass Rückschlüsse auf das Vorkommen von verschiedenen und vor allem auch seltenen Schmetterlingsarten gezogen werden können. Ob sich diese Erwartungen erfüllen, wird letztendlich die Gesamtheit der gesammelten Daten zeigen, die eingetragen auf digitalen Karten und wissenschaftlich ausgewertet, im Internet veröffentlich werden. Sollten sich nach der Durchführung des mehrjährigen Praxistests in Tirol sowohl die Methode als auch die eigens entwickelte Web-Plattform zur Verwaltung der erfassten Daten als anwenderfreundlich, effizient und wissenschaftlich korrekt darstellen, dann wird wohl über eine zukünftige Ausweitung des Monitorings zur Anwendung auf das gesamte Österreich nachgedacht.
Wir bei dieSchmetterlinge.com wünschen allen Beteiligten am Projekt Viel-Falter weiterhin viel Freude, Forschungsgeist und Erfolg bei der Durchführung.
Das Projekt Viel-Falter wurde Im Dezember 2013 von der UNESCO und den Vereinten Nationen als "Dekadenprojekt" ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung wurde Viel-Falter als eine Initiative und Projekt geehrt, das einen „herausragenden Beitrag für nachhaltige und zukunftsweisende Bildung leistet“.
Weitere Informationen zum Projekt Viel-Falter, Neuigkeiten zum Verlauf und Ergebnisse kann man auf der Projektwebsite nachlesen.
Informationen und Fotos zum Projekt wurden mir freundlicherweise von Johannes Rüdisser von der Universität Innsbruck zur Verfügung gestellt.
Schmetterlingsbeobachtungs– und Monitoring-Programme in der Schweiz
Schmetterlinge beobachten, zählen und melden ist für viele Bürgerinnen und Bürger eine sinnvolle und schöne Freizeitbeschäftigung. Dazu gibt es z.B. in Deutschland, Holland und England verschiedene Projekte, an denen man sich beteiligen und seine jeweiligen eigenen Beobachtungen über Meldebögen per Post oder über eine Eingabe in ein Online-Datenbanksystem melden kann. Über einige solcher Projekte in Deutschland habe ich hier auf dieSchmetterlinge.com schon berichtet.
Vor Kurzem hat sich nun eine Leserin unseres Online-Magazins aus Schweiz mit der Frage an mich gewandt, ob solche Schmetterlingsbeobachtungs- und Monitoring-Programme, an denen sich Bürgerinnen und Bürger beteiligen können, auch in der Schweiz angeboten werden. Eine interessante Frage, die, wie sich herausgestellt hat, nicht so leicht zu beantworten ist, denn eine schnelle oberflächliche Suche im Internet liefert bedauerlicherweise auf Anhieb keine positiven Ergebnisse. Doch meine intensivere Recherche ergab, dass es im Rahmen von „Citizen Science“ Projekten ("Citizen Science" ist eine Form der Wissenschaft, bei der sich nicht nur Forschende, sondern auch Bürgerinnen und Bürger beteiligen können*) solche Programme auch in der Schweiz gibt.
Das wohl derzeit umfassendste Schmetterlingsbeobach-tungs- und Monitoring-Programm ist in die nationale Datenbank "Webfauna", der Plattform für Beobachtungen der Wildfauna der Schweiz mit Sitz in Neuchâtel eingebunden. Die vom Schweizer Zentrum für Kartographie (SZKF/CSCF) und der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz (KARCH) betreute Online-Plattform "Webfauna" erfasst die Beobachtungen aller Tierarten außer den Vögeln in der Schweiz und in den angrenzenden ausländischen Gebieten. Seit der Einführung dieser Plattform vor knapp drei Jahren können Schweizer Bürgerinnen und Bürger und auch Interessierte außerhalb, die sich zeitweise in der Schweiz aufhalten, ihre Tierbeobachtungen über eine Online-Maske eingeben. Da die auf diese Weise gesammelten Daten für den Artenschutz und für das Monitoring verwendet werden, legen die Betreiber von "Webfauna" nach eigenen Aussagen großen Wert auf eine hohe Qualität der Beobachtungsangaben. Dementsprechend werden alle eingegebenen Daten vor Aufnahme in die zentrale Datenbank geprüft und falls erforderlich zusätzliche Belege von der jeweiligen Meldeperson angefordert. Zugang zu "Webfauna" können interessierte Bürgerinnen und Bürger nach erstmaliger Anmeldung durch die Eingabe eines gewählten Benutzernamens und über ein persönliches Passwort erhalten. Alle eingegebenen geografischen Daten werden zusätzlich auch über einen Kartenserver in interaktive Verbreitungskarten eingebunden, welche ebenfalls online abgerufen werden können. Ausführliche Informationen zur "Webfauna", der Zugang zum Online-Eingabesystem und Anwendungshilfen sind auf der Homepage des Schweizer Zentrum für die Kartografie der Fauna (Centre Suisse de Cartographie de la Faune) in deutscher, englischer, französischer und italienischer Sprache zugänglich.
Neben diesem großen und übergreifend angelegten Monitoring-Programm bieten die verschiedenen Naturschutzverbände und aktive Naturschutzgruppen in der Schweiz immer wieder zeitlich und für bestimmte Schmetterlingsarten begrenzte Schmetterlingsbeobachtungsprogramme für die Bürgerinnen und Bürger an. Solche meist regional durchgeführte Projekte erfordern in der Regel eine Mitgliedschaft und sind bei den jeweiligen Institutionen zu erfragen.
Einige bedeutende Institutionen in der Schweiz:
- Pro Natura Schweiz, die größte Naturschutzorganisation in der Schweiz: www.pronatura.ch
- Pro Natura Baselland mit dem Projekt Tagfalterschutz Baselland: www.pronatura-bl.ch und www.tagfalter.net
- BirdLife Aargau mit dem über einen Zeitraum von drei Jahren bis in 2012 andauernden Projekt zur Erfassung und Förderung der Widderchen im Aargau: www.birdlife-ag.ch
Doch Schmetterlingsbeobachtungs- und Monitoring-Programme gibt es in der Schweiz nicht nur als "Citizen Science" Projekte. Wissenschaftler und Fachleute überwachen dauerhaft ihre landesspezifische biologische Vielfalt. So führt das Biodiversitätsmonitoring Schweiz auch gezielt landesweit Beobachtungen zur Entwicklung der Schmetterlingsvielfalt auf verschiedenen vorbestimmten Flächen durch. Die jeweiligen Ergebnisse dieser Beobachtungen können auf der Website des Biodiversitätsmonitoring Schweiz abgerufen werden.
Begriffsdefinition "Citizen Science":
* "Citizen Science" ist eine Form der Wissenschaft, bei der sich nicht nur Forschende, sondern auch Bürgerinnen und Bürger beteiligen. In vielen Fällen können die erhobenen Daten zu Forschungszwecken verwendet werden. Manchmal steht aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung- zum Beispiel für Umweltanliegen- im Vordergrund. (entnommen dem Artikel "Citizen Science-Wissenschaft oder Aufklärungsarbeit" von Anne-Laure Goumand und Lisa Garnier vom Muséum national d´Histoire naturell in Paris, Frankreich)
Zusätzliche Informationsquellen:
- Informationen zur nationalen Datenbank "Webfauna", der Plattform für Beobachtungen der Wildfauna der Schweiz wurden mir freundlicherweise von Dr. sc. nat. Simon Capt vom Centre Suisse de Cartographie de la Faune in Neuchâtel zur Verfügung gestellt.
- Kurzinformationen zum Projekt zur Erfassung und Förderung der Widderchen im Aargau wurden mir freundlicherweise von BirdLife Aargau in Aarau zur Verfügung gestellt.